Brasilien Ι Fortaleza – Zwischen Fußball, Frauen, Traumstränden und Problemvierteln

Viel hatte ich mir versprochen von Fortaleza, der Stadt von der so viele Brasilianer schwärmen. Mit 75.000 Besuchern pro Jahr ist sie eine der am meisten besuchten Städte des Landes. Sie lockt mit feinsandigen Traumstränden, ihrer Liebe zu Fußball, kokusnusspalmengesäumten Strandbars & natürlich mit Frauen in ultraknappen Bikinis. Doch die Stadt hat auch eine andere Seite.image-2015-11-19(51)Wir landen am späten Abend & fahren die 14 km vom City-Flughafen mit dem Mietwagen in Richtung Hotel. Der erste Eindruck ist so ganz anders, als die Bilder der Stadt, die sich als moderne Metropole im Internet, für mich dargestellt hatte. image-2015-11-19(24)Das Bild hier ist geprägt von herruntergekommenen Häusern die mit hässlichen Grafitti-Schmierereien besprüht sind. In dunklen Gassen, finden sich zwielichtige Gestalten und auf den Straßen liegt jede Menge Müll. So wie ich es eigentlich auch aus Canaá dos Carajas schon kenne, der brasilianischen Stadt in der wir seit April 2015 leben. image-2015-11-19(27)Kein vertrauenerweckender Eindruck und schon gar nicht schön. Wir verriegeln das Auto, überfahren rote Ampeln und hoffen nicht stoppen zu müssen. Und nur auf den letzten 2 Kilometern unserer Strecke wandelt sich das Bild. Denn dort am Meer ist die Skyline-Metropole zu finden, sieht es aufgeräumter aus und auch die Menschen auf der Straße machen einen vertrauenserweckenderen Eindruck.image-2015-11-19(20)Unser Hotel ist in der ersten Reihe direkt an der Strandpromenade und seinem umtriebigen Markt. Es ist 23 Uhr und die Straßenstände sind sehr gut besucht. Es herrscht reger Handel, es wird gejoggt, musiziert, getanzt, getrunken & gefeilscht. An Ruhezeiten denkt hier Niemand. Man will Spaß und Unterhaltung und so kehrt erst in den frühen Morgenstunden Ruhe ein.image-2015-11-23(1)-1Als ich am neuen Morgen wieder aus dem Fenster schaue, erkenne ich den Bazar von letzter Nacht nicht wieder. Die Szenerie erinnert jetzt eher an einen Containerhafen als an einen Markt mit hunderten Besuchern und vollgepackten Ständen. FortalezaWir starten zu unserer Entdeckungstour durch die Stadt und ich hoffe mit dem neuen Tag endlich das Brasilien zu finden, was in meinem Kopf ist. Was ich aus Hochglanzmagazinen kenne -das schöne, das bunte, das lebensfrohe Land.  image-2015-11-19(34)Wir starten am Meer und hier sieht erstmal alles ganz gut aus. Kein Plastemüll am Strand, eine saubere Promenade und auch keine verunstalteten Grafittiwände. image-2015-11-19(32)Doch das Bild der Stadt änderst sich schnell. Während man am Meer die neu gebauten Wolkenkratzer findet, sind es in Richtung Innenstadt die historischen Gebäude. Die entweder herausgeputzt sind oder völlig dem Verfall überlassen werden. image-2015-11-19(33)Und je weiter man sich davon entfernt, umso krasser werden die Gegensätze zwischen den Luxusapartments mit Meerblick und den einfachen blechdachgedeckten Häusern.image-2015-11-19(25)Eigentlich hatten wir nicht vor, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Doch ein englischsprachiger Tourguide war für Samstags nicht aufzutreiben. Zig Touranbieter haben uns abgewunken und so starteten wir unsere eigene Entdeckungstour. Begrüßt von türkisblaumen Meer, sind wir in die Innentstadt rund um die „Rua Monsignore Tito Guedes“ mit ihrer gotisch-römischen Kathedrale gestartet. image-2015-11-19(45)Die Catedral Metropolitana de Fortaleza ist die drittgrößte Kirche Brasiliens und sie soll nachts eine wahre Schönheit sein, wenn sie bunt angestrahlt wird. image-2015-11-19(28)Und in der Tat ist sie mit Platz für 5.000 Gläubige ein recht imposantes Bauwerk. Im Gegensatz zu opulenten Gotteshäusern wie man sie etwa in Rom findet ist sie allerdings sehr schlicht gehalten. Sehr frustriert hat mich allerdings der Anblick ihrer Frontseite. Bewacht, von bis an die Zähne bewaffneten Polizisten, verunstaltet mit Grafitti und von Plastikmüll umweht, bot sich eine reichlich erbärmliche Ansicht, die wohl auf keinen Besucher einladend wirkt. Catedral Metropolitana de Fortaleza, Ceará, BrasilienIm Umkreis der Kathedrale herrscht reger Handel. Gerade an Samstagen ist das eine bunte Mischung aus Menschen, Musik und Essensständen. image-2015-11-19(40)Ich werfe mich gerne in das Getümmel der Menschen und beobachte sie bei der Arbeit. So auch an diesem Tag.image-2015-11-19(37)Wer sich hier allerdings eine schicke Shoppingstraße erhofft hat, ist hier falsch am Platz. Dazu sollte man den Weg in einer der Malls (Mercado Central) finden oder sich besser im Stadtteil Meireles umsehen. image-2015-11-19(43)Hier herrscht das ganz normale brasiliansiche Leben der Straße mit seinen geschäftigen Händlern und mit Einkaufstüten behangenen Frauen. Wir schlendern Ziellos durch die Gegend und schauen dem Treiben zu.image-2015-11-19(41)Und es fällt auf, dass überall rund um die Kathedrale wunderschöne restaurierte Häuse findet aber auch Gebäude die dringend saniert werden müssen, damit die Stadt ihren usprünglichen Charme nicht ganz verliert. image-2015-11-19(29)Es ist schon regelrecht bedrückend, wenn man sieht welche ehrwürdigen Gemäuer hier ihrem Verfall preisgegeben sind und ich kann mir sehr lebendig vorstellen wie schön die Stadt einst war. Man ist fast geneigt hier Hand anzulegen um zum Erhalt beizutragen.image-2015-11-19(30)Zumal sie durch Grafitti besprüht nur noch trauriges Bild einer großen Geschichte abliefern. Ich bin wirklich ein Fan von Street Art, aber bloße Kritzeleien sind für mich Vandalismus. image-2015-11-19(31)Aber man findet auch die wahren Künstler er Szene in der Stadt. An den richtigen Stellen eingesetzt sind die Wandbilder dann wirklich eine Verschönerung der Kulisse. In Fortaleza sind sie sehr oft auch mit sozialkritischem Hintergrund zu finden und man sollte es sich nicht nehmen lassen mal genauer hinzusehen.image-2015-11-19(46)Nach einer guten Stunde haben wir genug gesehen von der Innenstadt. Uns zieht es zurück ans Meer zur schönen Seite Brasiliens. Denn Strände können die Brailianer;) image-2015-11-19(21)Wieder führt der Weg vorbei an unzähligen Wolkenkratzern die hier wie Pilze aus dem Boden gewachsen sind und das moderne Fortaleza verkörpern. image-2015-11-19(47)Trotzdem findet man immer auch noch traditionelle Stätten, Gotteshäuser oder Statuen zwischen den Hochhäusern oder direkt am Meer. image-2015-11-19(26)Die bekanntesten Stadtstrände sind Praia Meireles, Praia Mucuripe, Praia de Iracema – doch eher wenige Badegäste sind hier zu finden. Das Wasser ist hochgradig belastet und so weicht man zum Baden auf die Strände weiter außerhalb aus. image-2015-11-21(6)Dieser alte Turm hat uns sehr beeindruckt. Rundum ist er mit einem Gesicht geschmückt und statt einer alten Ruine erblickt man nun eben ein Kunstwerk. Sehr gelungen, wie wir fanden.image-2015-11-19(19)Es ist schön auch mal Zeit zu haben, um ein paar anderen Seiten Brasiliens entdecken zu können. Und so schauen wir den Fischern auf ihren bunten Booten zu und beobachten, das Leben am Strand.Fuball Typisch für dieses Land ist natürlich Fußball. Das Spielfeld wandert dann auch schon mal ins Wasser. Dann kann man sich gleich abkühlen, wenn es heiß hergeht. Ich bin gerne unter Locals und Brasilianern beim Fußball zu zuschauen ist immer eine riesen Freude.image-2015-11-23(1)Was wir auch häufig beobachten konnten und was nicht minder beliebt ist, sind Quadbike-Touren über den Strand oder durch die Dünen. Für mich stören sie hier allerdings die Erholungssuchenden.Fortaleza, Beach, kiteAber auch andere Sportler wie Kiter kommen an der Küste von Fortaleza voll auf ihre Kosten. Zumal der Wind hier gut steht, das Wasser Badewannenwarm ist und sich die Kiter nicht gerade drängen wie in anderen Kitehochburgen. Wir haben uns ein schattiges Plätzchen gesucht und schauen dem Treiben am Meer zu. Wie die Kiter mit dem Wind über den Ozean jagen, wie sie über Wellen springen und den tosenden Wassermassen trotzden.image-2015-11-23(1)Wer für Kiten noch nicht groß genug ist, der übt eben so lange mit einem kleinen Drachen, wie dieser Junge mit seinem selbstgebauten Spielzeug, der uns auch ins Auge gefallen ist.BeachDie Strände etwas außerhalb Fortalezas sind unter der Woche geradezu menschenleer. Wir laufen am Meer entlang, schauen den Fischern zu, spielen mit den Wellen und lassen die Seele baumeln. Und hier ist Brasilien für mich dann endlich auch mal paradiesisch.MüllAllerdings sieht es direkt hinterm Traumbeach wieder aus wie auf einer Müllkippe. Dreck und Armut kann man hier nicht ausblenden. Sie gehören untrennbar mit Brasilien zusammen.image-2015-11-19(22)Und wer diese Bilder nicht erträgt, der ist in diesem Land schlicht und einfach fehlt am Platz.image-2015-11-19(23)Ich empfehle sich den Film Trash anzusehen, denn er zeichnet das Bild Brasiliens sehr gut auf, was auch ich kennenlernen durfte und was weit weg ist von Copa Cabana Schönheiten, erolgreichen Fußballern & Skyline Metropolen. Er zeigt die harte Realität der Menschen hier. image-2015-11-23(2)So auch das der indigen Bevölkerungsschicht. Einst waren diese Ureinwohner Brasiliens ein stolzes Volk was im Einklang mit der Natur lebte. Auf Grund der Profitsucht von Rohstoffkonzernen und deren Brandrohdung, verlieren sie immer mehr ihres natürlichen Lebensraumes. nativeAnstatt in ihrer Heimat im Regenwald zu leben, verkaufen sie nun Touristennap am Strand. Ich fand man sah die Wut darüber sehr deutlich in ihren Augen und ihrer Körpersprache. Ich habe mich nicht sehr wohl gefühlt dabei,  ihnen hier weitab ihrer eigentlichen Heimat, zu begegnen. Und auch am Foto mit blauem Hintergrund statt grünem, erkennt man, dass hier etwas nicht stimmt.image-2015-11-19(17)Aber man findet in Fortaleza auch eine junge vermögende Schicht, die es sich nicht nehmen läßt mit Champangner in den Beach-Bars zu feiern. In den angesagten Locations kostet eine Flasche Champagner dann auch schon mal 200 EUR. image-2015-11-23(5)Und hier haben wir sie dann auch gefunden, die schönen Frauen Brasiliens in ihren knappen Bikinis.
image-2015-11-19(36)Mein Fazit: Fortaleza ist eine ganz typische brasilianische Stadt. Mit all ihren Problemen, Konflikten aber auch mit traumhaften Stränden, türkisblauem Meer und schönen Frauen. Allerdings würde ich nie nur wegen der Strände hierher reisen. Ich muß mich im Urlaub auch abseits des Strandes wohl fühlen und hier scheidet die Stadt ganz klar für mich aus.image-2015-11-19(18)Mein Tipp:

Wen es trotzdem nach Fortaleza zieht, gerade wegen der Strände, dem würde ich empfehlen sein Quartier in der Nähe der Strände Futoro 1 & Futoro 2 zu suchen und nicht in der Innenstadt.

image-2015-11-19(35)Außerdem lohnt sich die Anmietung eines Fahrzeuges direkt am Flughafen. Damit ist man flexibel und kann die Stadt verlassen um die wirklich schönen Plätze am Meer zu entdecken. image-2015-11-19(44)Wer Ruhe sucht sollte sich auf keinen Fall in der Innenstadt am Meer niederlassen, da ist es bis in die frühen Morgenstunden eigentlich immer belebt und laut. Auch sollte man Geruchstechnisch auf Einiges eingestellt sein. Ich habe noch nie eine Stadt erlebt, wo es derartig schlimm nach Pisse stinkt. Besonders rund um den beliebten Markt und seine Flaniermeile.image-2015-11-23(6)

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3 Kommentare zu „Brasilien Ι Fortaleza – Zwischen Fußball, Frauen, Traumstränden und Problemvierteln“

  1. Hallo,
    vielen Dank für deinen informativen Artikel. Ich bin gerade in Brasilien unterwegs und fahre übermorgen weiter nach Fortaleza… Jetzt habe ich schon einmal einen ersten Eindruck der Stadt bekommen können und bin gespannt, wie ich diese Stadt so empfinde… 🙂
    Liebe Grüße aus Prea
    Jenny

  2. Hallo 🙂

    Ich wollte dich gern für deinen sehr differenzierten und übersichtlichen Artikel zu Tourismus in Fortaleza loben. Ich habe selber ein Jahr lang in der Stadt gelebt und keine sowohl deine positiven als auch negativen Eindrücke nur bestätigen. Top zusammengefasst!

    1. Benutzer-Avatar

      Hallo,

      vielen Dank für Deine Nachricht. Ich finde es schön, auch auf kritische Artikel solche Rückmeldungen zu bekommen. Die Welt ist leider nicht nur schön, heil und friedlich. Ich finde, dass sollten Reiseblogger auch zeigen. Alles Andere käme mir wie Verrat am Leser vor.

      Lieben Gruß Marlene

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