Paraguay – Der Pilgerort Caacupé & das Künsthandwerksdorf Areguá
6 Uhr in der Früh und ich sitze schon frisch und fruchtig am Straßenrand und warte auf den Bus der mich nach Caacupé bringen soll. Der Ort gilt als der heiligste Ort Paraguays und liegt etwa 50 km östlich der Hauptstadt Asunción. Seine Kathedrale „San Francisco“ ist das größte Gotteshaus des Landes und wurde 1988 von Papst Johannes Paul II. höchst persönlich geweiht. Berühmt ist er als Wallfahrtsort und genau deswegen zieht es mich auch dahin.
Von meinen Backpackerkollegen war noch niemand zu sehen als ich das Hostel verließ. Ich glaube ich bin die Einzige die früh starten will um den Tag voll auszunutzen. Allerdings war mein Ehrgeiz wohl etwas übermütig. Denn Bus nach Bus zieht an mir vorbei ohne das der Richtige dabei ist. Eine volle Stunde vergeht, als endlich der Richtige auftaucht. Ich benne meinen Zielort, bezahle und nehme Platz. 20 min später ist der Bus völlig leer und der Kassierer bittet mich auszusteigen.
Zumindest deute ich das so. Ich versuche ihm zu erklären, dass ich doch nach Caacupé will und das auch beim Einstieg gesagt und bezahlt habe. Eine wilde Diskussion entbrennt und ich versuche mich zu erklären. Irgendwann winkt er ab und ich darf sitzen bleiben und die neue Runde antreten. 1.5h sind vergangen und ich bin wieder da, wo ich heute morgen am Bus auf den Bus gewartet hatte. Die Zeit hätte ich auch noch im Bett verbringen können. Naja selbst schuld, wenn man sich nicht genug auskennt und die Sprache nicht spricht.
Der Bus füllt sich rasch, auch mit dem typischen Straßenhändlern. Von Chipa, dem typschen Brötchen, bis hin zu mobilen Ladegeräten für Handys wird alles angeboten. Ich bestelle mir 2 Brötchen, drücke dem Verkäufer 5000 Mil in die Hand und erwarte Ware und Wechselgeld. Aber anscheinend stimmt irgendwas nicht und ich verstehe wieder kein Wort. Ich will ihm mehr Geld geben, doch er winkt ab. Irgendwann klinkt sich eine Frau in unser Geschäft ein und erst jetzt verstehe ich worum es ihm geht. Er hat kein Wechselgeld und sie sagt ihm, er soll mir einfach die Tüte mich Chipas vollmachen, bis mein Geld aufgebraucht ist.
Mit 1 Chipa ist man eigentlich gut gesättigt, mit 2 Stück ist man die nächsten Stunden satt, aber was soll ich mit 6 Stück? Ich esse was ich kann und verschenke dann den Rest an zwei Musikanten die im Bus Gitrarre gespielt haben. Die Art der Bezahlung sind sie zwar nicht gewohnt, nehmen sie dennoch dankend an. Die lustige Fahrt setzt sich fort. Ich genieße es zwischen all den Paraguay´anern zu sitzen und an ihrem Leben Teil nehmen zu können. Ich male mir aus, welcher Berufung jeder einzelne von ihnen nachgeht. Vom Anzugträger der vielleicht Bänker ist bis hin zu Kindern mit Rucksack die wahrscheinlich auf dem Weg zur Schule sind.
Caacaupé
Trotzdem kommt mir die Fahrt wieder ewig vor und immer wieder starte ich den Navigationsmodus und überprüfe ob wir uns überhaupt noch in die richtige Richtung bewegen. Alles sieht gut aus und als ich endlich die Kathedrale entdecke, die eines meiner Tagesziele darstellt, springe ich freudig aus dem Bus. Ich hab tatsächlich noch hingefunden. Fast wie auf dem Jahrmarkt geht es hier zu. Verkaufsstände säumen die Straße und bunte Kinderkarusselle. Was mich wundert, denn die eigentliche Pilgerwoche, in der es hier.
Ich nehme in der Kathedrale platz und bestaune diesen Ort, denn prunkvoll wie in Rom sind die Kirchen hier nicht. Und das obwohl es eine Wallfahrtskirche ist und hier regelmäßig große Prozessionen abgehalten werden. Hunderte Menschen befinden sich im Kirchenraum und der Fluss an ihnen scheint kein Ende zu finden.
Ich habe noch nie so viele Kinder in einem Gotteshaus gesehen wie hier. Es kommt mir fast so vor als würden nur Familien hierher pilgern und trotzdem ist da neben mir in der Sitzreihe eine betagte vom Leben gezeichnete alte Dame offensichtlich ganz allein. Sie tut mir irgendwie leid, weil sie niemanden mehr zu haben scheint und den Weg hierher alleine angetreten hat.
Ich bin hierher gereist um für die Wünsche meiner Freunde zu bitten. Das ist eine kleine Weihnachtstradition von mir, die in Rom begann und hier ihre Fortsetzung findet. Ich glaube an die Kraft von Wünschen und das Fürbitten helfen. Also sammle ich in der Vorweihnachtszeit die Gedanken und Hoffnungen meiner Lieben ein und bitte auf meinen Reisen darum.
Derweil beobachte ich weiter den nicht enden wollenden Strom an Menschen. Manche rutschen sogar auf Knien zum Altar der Maria. Auch so viel Demut habe ich noch nie zuvor beobachtet. Die Statur hier gilt als heilig, seit ein Gläubiger auf der Flucht vor religiöser Verfolgung die Unterstützung von Maria erfahren hat.
An ihrem Altar sind Handabdrücke verewigt und auch ich lege meine Hand hinein und spüre eine tiefe Ergriffenheit. Erklären kann ich das nicht, doch auch mir kullern die Tränen wie fast allen anderen auch. Plötzlich strahlt mich aus der Masse der Menschen der kleine Junge an, den ich vorhin noch für ein Schulkind hielt. Er ist allen Ernstes mit seinen 2 Freunden allein hier her gepilgert. Bemerkenswert. Er stahlt mich an und wir freuen uns über das unverhoffte Wiedersehen.
Als ich den Kirchenraum wieder verlassen will sitzt da noch immer diese zerbrechliche alte Dame. Mich überkommt das Gefühl ihr zu zeigen, dass sie nicht alleine ist. Ich lege meine Hand auf ihre Schulter und halte kurz inne. So wie es jemand für mich getan hat, als ich alleine in Rom saß und mich einsam fühlte.
Die Dame greift nach meinem Arm, unsere Augen treffen sich und sie fängt an zu strahlen. Wir versehen uns ohne Worte und mich erfüllt ein wunderbares Glücksgefühl. Eine menschliche Geste wie diese war es, die mir damals gut tat. Und nun hoffe ich, dass meine Hand auch heilsam wirkt so wie die, die mich damals getröstet hat.
Wieder draußen auf dem Kirchenvorplatz lasse ich die ganze Szenerie noch mal auf mich wirken, ich schaue den Kindern und ihren Familien zu. Beobachte zwei Nonnen und Polizisten bei der Arbeit. Es ist schön hier zu sein und das alles zu beobachten, doch meine Zeit läuft und ich möchte an diesem Tag noch einen weiterne Ort besuchen, deshalb verlasse ich Caacupé auch schon mit dem nächsten Bus.
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Areguá
Mein Ziel ist nun Areguá. Der Ort wurde mir als besonders malerisch beschrieben und ich möchte mir ein Bild davon machen. Der Busfahrer lässt mich an einer der Kreuzungen raus und ich folge dem Schild „Iglesia“ was übersetzt Kirche heißt.
Auf Reisen Gotteshäuser zu besuchen ist im Laufe der Jahre obligatorisch geworden. Sie waren über Jahrhunderte der Mittelpunkt und gesellschaftliche Treffpunkt. Sie verkörpern für mich wie kein anderes Bauwerk die Kultur eines Ortes und deswegen schaue ich sie mir sehr gerne an. Na und außerdem sind sie in hektischen Städten auch ein ideales Rückzugsgebiet um ein paar Minuten Ruhe und Einkehr zu finden.
Die Kirche in Arequá ist deshalb auch hier mein Ziel. Viele Sightseeingspunkte gibt es hier ohnehin nicht, aber das braucht es auch nicht. Der Ort selbst ist die Attraktion.
Die Hauptstraße hat einen Grünstreifen in der Mitte und auf ihm ist der Handwerksmarkt angesiedelt für den Areguá so bekannt ist. Ich kann zwar mit all den kitschigen Figuren nichts anfangen, aber großartig finde ich es trotzdem.
Eingesäumt in grüne Natur neben der landestypischen Handwerkskunst im Schatten zu wandeln hat was! Ich genieße den Aufstieg zur Kirche entlang der Marktstände. Das Gebäude liegt triumphierend auf der Anhöhe über dem See und ist zugleich strahlender Mittelpunk dieses Ortes.
Hier finde ich mich wieder. Nach all der Hektik in Caacupé genieße ich die absolute Stille die dieser Ort ausstrahlt.
Wieder trage ich die Bitten der Menschen vor, die mir wichtig sind oder sich an mich gewendet haben. Ich finde es schön hier in so liebevoller Weise an sie zu denken.
Mein nächster Weg führt mich in die nächstgelegene „Taverne“ direkt gegenüber der Kirche. Ich nenne sie Taverne, da mich das Gebäude sehr stark an Spanien erinnert. Die Chipa sind längst verdaut und mir knurrt der Magen. Ich bestelle einfach irgendwas, denn ich verstehe ja doch nicht, was mir der Gastwirt erklären will.
Nach der Stärkung mache ich auf das nächste touristische Ziel dieses Ortes zu entdecken, den Strand. Aber erst mal führt mich der Weg durch den Ort, vorbei an Museen, alten Kolonialgebäuden und weiteren Kunsthandwerksständen.
Ich genieße diesen Spaziergang so sehr. Die Menschen sind unheimlich freundlich und aufmerksam. Jede Geste und jedes Gespräch sauge ich auf wie einen Schwamm. Im deutschen Alltag ist es das, was ich so vermisse.
Sogar Street Art und den Alten Bahnhof finde ich auf meinen Spaziergang durch den Ort.
Züge fahren hier keine mehr, dafür gibt es ein kleines Lokal, welches ich aber auslasse, weil ich ja eh satt bin.
Dann erreiche ich den See und die „Playa de Areguá“.
Der kleine Strandabschnitt den ich vorfinde ist hübsch angelegt als Freizeitanlage mit Spielplätzen, Sonneliegen und ein paar Restaurants.
Alles ganz einfach und trotzdem ein Ort der einlädt in der Sonne zu verweilen und das mache ich dann auch. Direkt auf dem Bootssteg! Bevor mich der Bus wieder nach Asunción zurück bringt will ich die Sonne so richtig auskosten.
Den Rückweg schaffe ich direkt und ohne Missverständnisse. Welch ein Glück!
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